Vernetzung - ein Reisebericht

 

Altenburg, 29.10., 4.30 Uhr. Es ist dunkel, kalt und ein feiner Nieselregen weht uns um die müde Nase. Eigentlich keine Situation zum Wohlfühlen. Und dennoch ist uns das Grinsen nicht wirklich aus dem Gesicht zu wischen – wir freuen uns. Zu zweit stehen wir am Bahnhof und warten auf die Einfahrt des Zuges Richtung Leipzig. Von dort werden wir weiter im Netz der Deutschen Bahn nach Bonn und schließlich nach Köln fahren – zu unserem ersten Netzwerktreffen des BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung). Überhaupt dreht sich an diese zwei Reisetagen alles um Netze. Die vier vom Bund geförderten Pilotprojekte, die im Rahmen des Projektaufrufes „Stadt gemeinsam gestalten. Neue Modelle der Quartiersentwicklung“ ausgewählt wurden, sollen sich an den folgenden zwei Tagen kennenlernen, sich austauschen und - wie das immer so schön heißt - ‚VERNETZEN‘. Ziel ist, voneinander zu profitieren, voneinander zu lernen, voneinander zu wissen. Es geht also um so schöne Attribute wie GEMEINSAM und ZUSAMMEN.

Ankunft auf dem Kölner Hauptbahnhof kurz nach 11 Uhr. Wir stolpern aus der Bahnhofstür und stehen sofort vor dem wohl mächtigsten Kirchenbau Deutschlands – dem Kölner Dom. Was für ein Empfang! Wir können es kaum glauben.

 

Als erstes: Kaffee! Wir sitzen in einer kleinen Bäckerei am Dom und kommen an… Wir wissen: Die nächsten vier Stunden werden anstrengend! Es steht ein Workshop zur finalen Antragstellung an, der uns einiges an Konzentration und der beigestellten Kaffeemaschine einiges an Heißgetränk abverlangt.

 

Einige Gehirnjoggingrunden später sitzen wir mit geöffnetem GoogleMaps im Stadtbus und befinden uns mittendrin im Netz der Kölner Verkehrsbetriebe. Wir suchen unsere Unterkunft für die Nacht und werden nach einer halben Stunde Fahrt so langsam unruhig. Wir haben wenig Zeit, denn schon gegen 18 Uhr treffen sich alle Projekte zur gemeinsamen Runde in der „Niehler Freiheit“ – auch diejenigen, die sich zwar beworben, aber den Zuschlag vom BBSR nicht erhalten haben. Im Hotel angekommen reicht es gerade zum Kofferabstellen und schon sitzen wir wieder im Bus. Und hätten wir dort nicht zufällig eine Kölnerin getroffen, die zu eben dieser Runde wollte, würden wir wohl immer noch im Netz der KVB unsere Kreise ziehen. Die „Niehler Freiheit“ ist nicht gerade das, was man als präsent bezeichnet. Wir sind in einem Gebiet gelandet, wo man nichts weiter sieht als Kfz-Werkstätten und Autohöfe. Große Stahlgitterzäune, hinter denen riesige Hunde das Areal bewachen, trennen die Werkhöfe von den Straßen. Zweifel macht sich breit, ob wir hier denn richtig sind? Selbst unsere frische Kölner Bekanntschaft gesteht: „Also hier bin ich auch noch nicht gewesen!“ 

Endlich: ein Schild, auf dem ein Hinweis zu lesen ist: BBSR – Netzwerktreffen mit Pfeil nach links, beleuchtet durch das Flackern einer Kerze. Wir schöpfen Hoffnung und folgen… 

Am Ende der Straße, eine alte Werkhalle mit zweckmäßiger Bar, die aus ein paar alten Brettern, etwas Holz und einem übriggebliebenen Waschbecken mit Wasserhahn aufgebaut wurde. Es gibt jede Menge Stühle eine Heißluftanlage, die immerhin den Raum auf etwa 15 Grad Wärme bringt und vier improvisierte Holztische zum Netzwerken. Beamer, Mikrofonanlage und eine kleine Bühne runden das Bild dieses Treffpunkts „Am Rande der Welt“ (so die Aufschrift hinter der Bar) ab. Immerhin: Es gibt zwei große Kühlschränke, reich gefüllt mit Getränken aller Art und SELBSTBEDIENUNG

Nach Begrüßung und Präsentation wird für uns gekocht. Gemüse ist angesagt: Rettich mit Vinegrette, Lauch mit Dressing, Blumenkohl und Pilze mit mediterranem Häupchen, Kartoffeln mit Kräuterquark. Zum Glück gibt es reichlich… In unseren Köpfen wächst die Idee, bei unserem Netzwerktreffen in Altenburg gegrilltes Schwein und als Beilgagen mariniertes Steak und  paniertes Schnitzel zu servieren

Wein, Bier und Haselnussschnaps sind quasi unser veganes Dessert und der Abend geht zu Ende. Für heute ist genug vernetzt und wir begeben uns erneut ins Straßennetz von Köln, vorbei an den Stahlzäunen, dem Schrott auf den Werkhöfen und dem immer noch beleuchtetem Holzschild des BBSR. Wie zum Nachtgruß begleiten sämtliche natürliche Wachanlagen des Gebiets unseren Schritt in rhythmisch kläffender Weise. Etwas, was seinen ganz eigenen Charme besitzt. 

Nach  kurzer, kalter Nacht und einem Kaffee mit Butterbrötchen geht es auf zur nächsten Runde. Heute präsentieren wir unsere Initiative den übrigen Projektlern und begeben uns anschließend in die BarCamps. Hier wird nach frei gewählten Themen gemeinsames Denken gefordert, Impulse gesetzt und neue Ideen generiert. Es geht um Nachhaltigkeit und Verstetigung, Ressourcen, Finanzen und Weitermachen. Jetzt werden Adressen ausgetauscht! Jetzt ist Vernetzen! 

Mit einigen Kontakten im Rucksack machen wir uns gegen 14 Uhr auf den Heimweg. Sieben Stunden Zugfahrt stehen uns bevor – genug Zeit, Resümee zu ziehen: 

Vom Bund mit etwa einer halben Million Euro gefördert zu werden, heißt eben nicht nur GELD! Es ist viel gemeinsames Arbeiten und gemeinsam unterwegs sein, viel kommunizieren, viel zusammen Lernen und Wissen generieren, von dem man nie gedacht hätte, das an es einmal braucht. Und: viiiiiel Netzwerk!